Die Entstehung der Gemeinde

Oktober 1817: Am Anfang stand ein Flugblatt im ‘Caffè Greco’, wo sich die Deutschen, zumal die Künstler, versammelten. Da wurde eingeladen zu einer Feier in der Wohnung des Sekretärs der Preußischen Legation, um des dreihundertsten Jahrestages der Reformation zu gedenken. Könnte man doch eines Tages in der Stadt des Papstes richtig evangelischen Gottesdienst feiern!

Diesen Wunsch machten sich der preußische Legat beim Heiligen Stuhl, Barthold Georg Niebuhr, und sein Vertreter und Nachfolger, Christian Josias von Bunsen, zu eigen, und so entsandte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen im Jahr 1819 den ersten evangelischen Pfarrer nach Rom, Heinrich Schmieder. Seither gibt es evangelischen Gottesdienst in Rom – damals natürlich nur möglich im Schutze und am Sitz der Preußischen Botschaft auf dem Kapitol. Niebuhr und Bunsen, beide auch bedeutende Altertumswissenschaftler, hatten ein aufmerksames Auge auf alle Anliegen dieser Gemeinde; ein Hospital wurde gebaut, an die Einrichtung einer Schule wurde gedacht – alles im Botschafts-Rahmen. Das ging nicht immer ohne Spannungen ab und erforderte Fingerspitzengefühl. Bunsens Vision war es, zurückzukehren zur Kirche der ersten römischen Christen, wie er sie verstand.

Mit dem Jahr 1870 wurde Rom Hauptstadt des Königreiches Italien: nun konnte die Gemeinde aus diesem Schutz heraustreten in die Öffentlichkeit. Der Gottesdienst fand weiterhin in einem zur Kapelle hergerichteten Botschafts-Raum des Palazzo Caffarelli statt. Viele Besucher kamen vorbei und berichteten darüber in ihren römischen Aufzeichnungen. Mit der neuen Freiheit wurde sich die Gemeinde allerdings zunehmend auch ihrer Unterschiede bewußt.

Bis 1915 feierte man in der Kapitolskapelle Gottesdienst. Doch dachte man auch an einen eigenen Kirchbau und sammelte in Deutschland dafür. Auf dem Grundstück aus der parzellierten Villa Ludovisi (im Altertum befanden sich hier die Horti Sallustiani) sollte nach dem Willen von Kaiser Wilhelm II. etwas Großes, sichtlich Evangelisches, ins Auge Fallendes entstehen. Dieses Projekt sollte von seinem bevorzugten Architekten Franz Schwechten verwirklicht werden, welcher bereits mit dem Bau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin betraut worden war. Lutherstädte Mitteldeutschlands spendeten Baumaterial für die Ausgestaltung der neuen Kirche. Der Turm erhielt eine Kopie des Geläuts der Schloßkirche von Wittenberg.

Nach Verzögerungen durch Abspaltungen und den Ersten Weltkrieg konnte die neue Christuskirche 1922 eingeweiht werden. Sie ist bis heute unser vertrauter schöner Gottesdienstraum: spätwilhelminisch, doch einheitlich mit ihren vielen Zitat-Elementen aus staufischen und römischen Bauten. Später kam eine große, von einem Schüler Max Regers konzipierte Steinmeyer-Orgel hinzu.

Das Altargerät aus der Botschaftskapelle behielt auch im üppigen neuen Bau seinen Platz: besonders das Tonmodell des Taufsockels, Werk von Bertel Thorvaldsen; darauf die Messing-Taufschale Wilhelm Hopfgartens. In sie ließ Bunsen damals Verse aus der Inschrift des Lateran-Baptisteriums eingravieren. Sie sprechen von Einer Taufe, Einem Geist, Einem Glauben.


Die Christuskirche

Wie andere evangelische Kirchen in Rom wurde auch das lutherische Gebäude nach dem Jahr 1870 gebaut. Wie bereits oben erwähnt, war die Gemeinde 1819 gegründet worden und konnte vor Fertigstellung der Christuskirche in der Kapelle der preußischen Gesandtschaft zu Gottesdiensten zusammenkommen. Heute existiert diese jedoch leider nicht mehr.

Das Grundstück für den Bau eines größeren Gebäudes wurde erst im Jahr 1899 erworben. Es war Teil der Gartengelände von der Villa Ludovisi, die parzelliert worden waren. In der Antike lagen hier, genau im Gebiet der heutigen Stadtmitte, die sallustianischen Gärten. In dieser Zone wurde auch der Obelisk ausgegraben, der heute vor der Kirche von Trinità dei Monti, an der Spanischen Treppe, zu sehen ist.

Die Baupläne wurden verzögert; dann brach der erste Weltkrieg aus: Die Lutheraner in Rom sollten bis zum Jahr 1922 warten, bis sie in einem eigenen Kirchengebäude würden beten können.

Die Christuskirche ist eines der wenigen erhaltenen spätwilhelminischen Kirchengebäude. Sie wurde von Franz Heinrich Schwechten geplant, der auch die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin baute. Die schlichte Fassade aus Travertin ist mit Lesenen verziert und hat drei Nischen, von denen jede eine Statue enthält: von links nach rechts, die von Petrus, von Christus und von Paulus. Der innere Raum ist vom romanischen Stil geprägt: Halbkreisbögen und Mosaiken, die meistens geometrische Muster darstellen, mit der Ausnahme des Christus Pantokrator inm Apsisgewölbe. Der Adler an der Kanzel, der das Lesepult unterstüzt, ahmt die süditalienischen Kanzelverzierungen aus dem 12. und 13. Jahrhundert nach; er weist auf dem Evangelist Johannes und zugleich auf die Kunst der Staufer hin. Im rechten Seitenschiff befindet sich der Taufstein: das Becken stammt von Wilhelm Hopfgarten, die Basis ist Tonmodellen Bertel Thorwaldsens für einen Taufstein nachgebildet, der in der Kirche von Brahetrolleborg in Fühen, Dänemark,steht. Vor dem Taufstein befinden sich ein Kruzifix und zwei Kerzenbehälter: Sie stammen aus der preußischen Gesandtschaftskapelle. Aus dieser – nicht mehr existierenden – Kapelle stammen auch sechs Rundbilder: Fünf befinden sich im Gottesdienstraum (sie stellen die vier Evangelisten und Christus dar) und eines ist in der Vorhalle zu sehen.
Bemerkenswert sind die Glocken, die das gleiche Geläut wie die Glocken der Schloßkirche in Wittenberg haben.